Kunde | Versalis
Projekt | Anbindung von Feldgeräten an Leitsystem über Remote I/O
Standort | Priolo Gargallo, Italien
Was haben Ihre Sportschuhe mit einem Apfel gemeinsam? Zugegeben, die Antwort auf diese Frage ist nicht allzu offensichtlich, doch die Gemeinsamkeit existiert tatsächlich: Für beide Produkte spielt Ethylen (auch als Äthen, Ethen oder Äthylen bekannt) eine wichtige Rolle. Hierbei handelt es sich um die meist hergestellte organische Grundchemikalie, deren Produktion in Steamcrackern stattfindet. Als gummiähnliches Material kommt das Ethylen dann beispielsweise als gelenkschonende Zwischensohle in Sportschuhen zum Einsatz.
Was hat nun der Sportschuh mit dem Apfel zu tun? Da Ethylen sehr vielseitig verwendbar ist, existieren auch völlig andere Verwendungszwecke, wie etwa in der Lebensmittelbranche. Damit Obst und Gemüse nicht nur geschmacklich überzeugen, sondern auch im Supermarkt möglichst appetitlich und saftig aussehen, werden hier die Nahrungsmittel mit Ethen begast und so künstlich gereift. Dies sorgt für einen verbesserten Transport und Schutz vor Schimmelbefall.
Der italienische Chemiekonzern Versalis, eine Tochtergesellschaft des Ölkonzerns ENI, gehört mit seiner Produktionsanlage für Polyethylen und Aromate im italienischen Priolo Gargallo zu den weltweit größten Produzenten dieser nützlichen Grundchemikalie. Zur Herstellung des gasförmigen, farblosen Ethylens werden Chemikalien verwendet, die eine extrem hohe Entzündlichkeit aufweisen. Die höchstmögliche Sicherheit für Menschen und Maschinen in der Prozessanlage muss also stets gewährleistet sein.
Im Zuge einer neuen Sicherheitsrichtlinie entschied sich Versalis für die Modernisierung eines bis dahin manuell gesteuerten Sicherheitssystems. Vielseitigkeit und Flexibilität im Einsatz gehörten dabei zu den wichtigsten Zielsetzungen der Betreiber. Die neue Sicherheitsrichtlinie verlangte danach, dass im Falle eines Brandes jedes der in der Anlage installierten Löschventile lokal oder von einer zentralisierten Leitwarte aus zu steuern sein müsse. Hierfür war eine Modernisierung des Prozessleitsystems nötig, welche die Ventile durchgängig bis zur obersten Unternehmensebene verfügbar macht.
Die technische Definition der kundenindividuellen Lösung erarbeitete Pepperl+Fuchs in enger Zusammenarbeit mit Versalis. 117 ferngesteuerte, motorisierte Löschventile (sogenannte „MOV“, motor operated valves), die um den gesamten explosionsgefährdeten Bereich in Zone 2 (ca. 2 km²) herum angeordnet sind, bilden nun die neue Brandschutzanlage. Aufgrund der extrem hohen Anforderungen für die sicherheitskritische Anwendung in der petrochemischen Produktionsanlage sind sämtliche digitalen Kommunikationsverbindungen in dreifacher Redundanz ausgeführt (Hauptleitung, Sekundärleitung und Serviceleitung). Eine zentrale Ringtopologie hilft dabei, die weiten Entfernungen zu den großflächig verteilten motorisierten Löschventilen zu überbrücken.
An dieses Ringnetz sind über Ethernet/Modbus-TCP-IP und Fiberoptik-Konverter (Lichtwellenleiter-Konverter) sieben Remote-I/O-Stationen von Pepperl+Fuchs mit redundanter Versorgung und Buskoppler angeschlossen. Um die Sicherheit zu erhöhen, ist die Löschanlage redundant ausgelegt. Binäreingänge überwachen die Stellungsrückmeldung und den Status der motorisierten Löschventile. Das gesamte Remote-I/O-System ist in ein widerstandsfähiges Edelstahlgehäuse eingebaut.
Bereits während der Werksabnahme und Annahmeprüfung überzeugte die Lösung durch die erreichte Zeitersparnis, da die Remote-I/O-Funktionen die zügige Prüfung des gesamten Rings erlaubten. Jeder Software- und Hardwaremechanismus sowie jeder einzelne Ring wurden getestet. Da dies sowohl die Remote-I/O-Technologien als auch digitale Systeme umfasste, wurden sämtliche Simulationen mithilfe des PACTware-Tools durchgeführt. Die große Anzahl der hier verfügbaren Diagnosedaten war äußerst nützlich, um einen schnellen Überblick über den Status der gesamten Systemstruktur zu geben.
Das neue System bietet nun eine moderne, diagnostisch vorausschauende Überwachung der Ventilstellung der Löschventile direkt über das Leitsystem. Dies reduziert die Zahl der Fertigungsunterbrechungen und gewährleistet eine höhere Anlageneffizienz. Klemmt etwa ein Ventil, erhält das Bedienpersonal durch das Leitsystem eine Diagnosemeldung und kann sofort die zielgerichtete Instandhaltung anfordern. Aufwändige Kontrollgänge durch Service-Techniker zu jedem einzelnen Ventil sind nicht länger nötig, um ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen.
Vergleicht man diese neue Netzwerklösung auf Basis von Remote I/O mit der zuvor in der Anlage installierten Punkt-zu-Punkt-Topologie, spart Versalis zudem mehrere Kilometer an Verdrahtung ein – insgesamt werden etwa 50 – 60 % weniger Kabel benötigt. Die Remote-I/O-Lösung von Pepperl+Fuchs erweist sich also in vielerlei Hinsicht als echter Effizienztreiber, der gleichzeitig für ein Optimum an Sicherheit und Verfügbarkeit sorgt.